Manchmal öffnet sich eine Tür und dahinter wartet ein Moment, den man nicht geplant hat. In diesem Fall war es eigentlich anders rum, denn die Überraschung wartete schon vor der Tür. So geschehen heute Mittag, als ich zwischen zwei Terminen bei einem meiner Lieblingsitaliener zwischenlandete. Zu meinen Favoriten zählt dieser schon länger, weil ich hier nicht nur gutes Essen zu anständigen Preisen bekomme, sondern noch ein paar Goodies dazu. Es sind die Kleinigkeiten, die mir jedes Mal einen köstlichen Aufenthalt bescheren. Bemerkenswert ist auch, dass die Crew seit vielen Jahren besteht und nicht mal die Pandemie das Team auseinanderreißen konnte.
So überrascht es auch nicht, dass hier noch echte Gastfreundschaft gelebt wird, die sich zum Beispiel darin zeigt, dass die Kellner genau wissen, was ich mag und wie ich meinen Kaffee trinke. Zugegeben, nach einigen Jahren sollte das auch keine Kunst mehr sein, dennoch funktioniert es nicht überall. Und so oft gehe ich nun auch wieder nicht hin, sie könnten in der Zwischenzeit meine diversen Vorlieben durchaus vergessen. Tun sie aber nicht.
Was heute mein Herz noch ein paar Takte zulegen ließ, waren die jüngsten Umgestaltungen der Terrasse, die sich prompt in eine lustvolle Oase verwandelt hat. Heizstrahler, die mollige Wärme verströmen, dabei ausreichend Frischluftzufuhr, kuschelige Felle in elegantem Taupe, feine Tischdekorationen. Der erste Schnee des Jahres ist just heute gefallen, als ich es mir auf besagter Terrasse gemütlich machte. Obendrein wurde hier ein Zufluchtsort für die letzten RaucherInnen auf dem Planeten geschaffen.
Ich bin ehrlich sprachlos bei so viel Menschenfreundlichkeit. Natürlich ist es eine gute Entwicklung, dass immer weniger Leute zur Zigarette greifen und ich schließe mich der aktuellen Gesundheitsbewegung grundsätzlich an. Dennoch gibt es sie, die Gäste, die noch gerne mal eine Zigarette rauchen. Einst willkommen, weil ja auch bekannt ist, dass oral fixierte Menschen gerne hedonistisch konsumieren, heute allerdings fast überall unwillkommen. Und wenn die Qualmerei überhaupt noch toleriert wird, dann bitte ein paar Meter neben der Tür, denn auch die Luft im Eingangsbereich soll bitteschön nicht verpestet werden.
Alles verständlich, alles ok, die Gesellschaft entwickelt sich eben weiter. In Ordnung ist es dennoch nicht, wenn Menschen ausgegrenzt werden und gerade in der Gastronomie sollten wir auf der Hut sein, Gäste in Kategorien einzuordnen. Da hat sich manch einer schon übel vertan. Es ist nicht alles Gold was glänzt und umgekehrt sollte man nicht gleich zur Persona non grata degradiert werden, nur weil man einem Laster frönt. Saufen ist auch ein Laster, nur eben geruchlos und leider immer im Trend.
Besagtes Restaurant, in dem ich so gerne verweile, besticht aber auch ohne Terrasse, denn es hat vieles aufzuweisen, das eine Erwähnung wert ist. Ausgezeichneter Service, eine hervorragende Küche, Gemütlichkeit und Professionalität sind längst keine Selbstverständlichkeiten mehr. Hier stimmt alles, dementsprechend gut gebucht ist das Lokal. Schon kurz nach 11.00 kein freier Platz mehr. Abends schaut es ab 18.00 nicht anders aus.
Was mich heute am meisten beeindruckt hat, ist die Tatsache, wie hier jemand mit einfachen Mitteln beweist, dass es möglich ist, alle unter einen Hut zu bringen. Entweder ist der Inhaber ein echter Philanthrop und super empathisch oder er hat einfach erkannt, dass es richtig ist, allen einen Platz einzuräumen. Nicht nur jenen, die gerade en vogue sind.
Und weil man auf der Terrasse sogar essen kann, somit auch sitzen bleiben darf, wenn man zum Kaffee eine Zigarette genießen möchte, zähle ich das Ristorante „Alfredo“, Steinbruchstraße 30, 1160 Wien, zu meinen besten Überraschungen des Jahres 2025.