Claudia Angela Ruttnig unterhält sich mit einer Dame.
Kommunikation Trennlinie

„Die paar Teller kann doch jeder tragen.“ Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört…


Es ist eine gängige und äußerst amüsante Denke, dass der Beruf der Servicekräfte darin bestünde, ein bisschen Geschirr zu transportieren. Finito. Kann ja nicht so schwer sein, oder?


Vor den Anforderungen in einer gastronomischen Küche haben die Leute schon etwas mehr Respekt. Wer kochen kann, hat immerhin ein Ass im Ärmel. Dass in der Gastronomie Höchstleistungen zum Berufsalltag gehören, ahnen trotzdem die wenigsten.

Zurück in die Achtziger

Ich erinnere mich immer noch gerne an meine Anfänge in den 1980er Jahren, als in manchen Küchen die Pfannen flogen und das Wort „Stressmanagement“ höchstens ein Gerücht war. „Burnout“ kannten wir genauso wenig wie „Prophylaxe“ und wenn solche Worte mal gefallen wären, hätten wir vermutlich geglaubt, es handle sich um einen neues Gericht für die illustren Gäste.

Und genau das waren sie, unsere Gäste – illuster im wahrsten Wortsinn, oft betucht und vor allem bester Dinge. Ja, die Leute hatten Geld und gute Laune, selbst das Servicepersonal war zu jener Zeit noch gut drauf. Der Ton war zwar rau, der Humor dafür schwarz, die Arbeit hart und zwischen Küche und Service tobten oft gnadenlose Kämpfe, die nicht selten mit den oben erwähnten Pfannen ausgefochten wurden. Und trotzdem funktionierte das Zusammenspiel irgendwie.

Wir schwitzten und fluchten, doch und am Ende der Schicht hockten wir zusammen und lachten uns krumm über die Katastrophen des Tages und freuten uns trotz allem schon auf den nächsten Dienst.

Heute: Alles gleich, nur schlimmer

Der Druck ist geblieben, nur die Leichtigkeit ist verschwunden. Die Gäste wollen Perfektion, selbstverständlich in Bio-Qualität zum günstigsten Preis, und das Ganze subito, denn Zeit will auch keiner mehr verlieren. Schließlich haben wir alle mächtig zu tun.

Die Erwartung ist maximal gestiegen, das Verständnis gesunken. Während es früher noch echte Kommunikation zwischen Gast und Service gab, gibt es heute Bewertungen mit einem Stern, weil das Leitungswasser zu still war.

Warum so viele die Branche verlassen

Wer jahrelang auf Hochtouren läuft, brennt irgendwann tatsächlich aus, soviel ist klar. Wenn sich zu der körperlichen Belastung emotionale Erschöpfung gesellt, diese Suppe dann noch mit Kritik gewürzt wird statt mit Anerkennung – ja dann ist es kein Wunder, dass viele das Weite suchen.

Und wo wandern sie hin? Vielleicht in Berufe, in denen man bessere Arbeitsbedingungen vorfindet und öfter mal auch einen fetten Applaus erntet. Nicht weil sie das Handwerk nicht lieben, sondern weil etwas fehlt, das wir alle dringend brauchen. Anerkennung.

Was helfen kann

Anerkennung ist kein Luxus, sondern der Zaubertrank des guten Miraculix. Er verleiht übermenschliche Kräfte, auch dann noch, wenn die Küche längst brennt.

Chefs und Gäste dürfen sich ruhig mal vor Augen halten, dass hinter jedem Teller, der den Gast erreicht, eine ganze Brigade steckt, und dass diese Brigade aus Menschen besteht, die oft alles geben, nur damit unser Abend gelingt.

Nur ein Gedanke

Vielleicht sollten wir alle ein wenig mehr applaudieren, bevor wir reklamieren. Ruhig mal wieder mehr dem Augenblick huldigen. Gutes Essen auf vorgewärmten Tellern in schöner Atmosphäre zu genießen ist ja nicht unbedingt eine Strafe. Und wenn der Service dann auch noch stimmt, dann dürfen wir ruhig auch wieder mal lächeln oder sogar DANKE sagen.